Die Autoren haben bereits eine MTB-Radroute durch die Karpaten gelegt und im Radreiseführer „Cycling The Great Carpathians“ beschrieben. Nun hat es sie nach Krakau und in den polnischen Teil der Karpaten – in die Beskiden – gezogen.
Sommer-Urlaub bedeutet für uns immer, von zuhause (nahe Wien) losradeln: auf unserem MTB-Tandem-Bike mit Gepäcks-Anhänger. So haben wir schon den gesamten Karpaten-Bogen bis zur rumänisch-serbischen Grenze durchradelt (auf unserer selbst recherchierten und aufgezeichneten Radroute „Cycling the Great Carpathians“ und sind durch Serbien, Kroatien und Ungarn wieder nach Hause gefahren. Im Sommer ’21 war eine Radreise nach Krakau in Polen angesagt, denn „irgendwann im Leben sollte man in Krakau gewesen sein“, haben alle gesagt, bis wir entschieden haben: Heuer geht’s nach Krakau, hin und zurück. In Polen haben wir noch ein zweites Reiseziel ausgemacht: den Beskiden-Nationalpark.
Entlang der March – Mährische Städte und ihre malerischen Hauptplätze
Am ersten August-Samstag sind wir nach Tschechien gestartet. Über Breclav, wo wir die erste Nacht verbracht haben, sind wir auf ruhigen Schotter- und Asphaltwegen durch endloses weites Ackerland und Wälder geradelt – immer der March entlang – und haben die schönsten Kleinstädte Mährens besucht: Straznice, Kromeriz, Hranice na Morave und Olmütz. Malerisch schön sind ihre Stadtzentren und Hauptplätze, wie auch jene von Novy Jicin und Frydek-Mistek.Hotels, Pensionen haben wir immer einige Tage im Voraus online gebucht, gegessen haben wir herrliche Hausmannskost – und dazu selbstverständlich die lokalen Biere getrunken.
„Kulisse“ kulturhistorischer Schönheit
Unsere Radroute nach Polen führt uns über weites Wald- und Ackerland und nahe dem tschechischen Karvinaüberqueren wir schließlich, auf baufälliger Straße, die Grenze nach Polen. Glockenläuten „empfängt uns“. Nein, es läutet vielmehr zu einem Begräbnis im Grenz-Dorf Kaczyce Dolne, wo wir uns vor der Kirche einer Trauergemeinschaft gegenüber finden. Auf schmalen Forst- und wenig befahrenen asphaltierten Straßen radeln wir über Hügelland in die Vororte (Villenviertel) von Krakau: Die prächtige Kulisse an historischen Bauwerken kündigt sich bereits auf der langen Promenade an, die uns über die Weichsel und in die Altstadt führt. Wie an allen Orten auf unserer Reise beziehen wir Quartier nahe dem Zentrum und erkunden die Stadt auf unserem Tandem. Wir bleiben drei herrliche Tage hier und essen kräftige polnische Pirogi-Teigtascherl, besuchen ein klassisches Konzert in der Peter-Paul-Kirche, nehmen an einer Demonstration zur Gleichberechtigung teil und wir diskutieren über den Geschmack von tschechischen und polnischen Bieren: Elisabeth hat das letzte Wort, wie immer.
Von Krakau radeln wir, überwältigt vom Kultur-Erlebnis dieser Stadt in den Südosten Polens, nach Novy Sacz in den sogenannten „Waldkarpaten“, auch Beskiden genannt. Es ist der 15. August, Maria Empfängnis, und wir werden unterwegs Teil einer großen Marien-Prozession. Aber wie überall auf unserer Reise „gehören“ wir sofort „dazu“, die Menschen sind hilfsbereit mit Informationen und einfach herzliche Gastgeber. Das südliche Polen ist auch die Region der alten, sehenswert-schönen Holzkirchen, die wir staunend besichtigen. Einige davon datieren im 14. Jahrhundert und gehören dem UNESCO-Weltkulturerbe an.
Große Anstrengung kommt auf der folgenden Tages-Etappe auf uns zu: Von Novy Sacz geht es 100 km und hügelige 1.600 Höhenmeter weiter in die Slowakei, in den malerischen Ort Bardejov: Der Hauptplatz gehört zu den schönsten, die wir je gesehen haben und das slowakische Bier ist das „beste der Welt“, vor allem nach diesem „Gewaltritt“.
In den Beskiden Nationalpark
Am Tag darauf „reiten“ wir zu unserem zweiten großen Reiseziel: dem Beskiden Nationalpark. Er erstreckt sich über 1.000 Quadratkilometer in Richtung Süden in die Slowakei sowie in den Osten in die Ukraine hinein. Er ist auch Teil unserer „Karpaten-Radroute“, die wir recherchiert und in unserem Radreiseführer „Cycling the Great Carpathians“ aufgezeichnet haben. Auf unserer Tages-Etappe in den Beskiden Nationalpark wird es dann für uns so richtig abenteuerlich. Im strömenden Regen (wir sind gut und wasserdicht ausgerüstet) geht es in unser Nachtquartier mitten im Wald. Doch bedauerlicherweise haben wir falsch gebucht und müssen weiter: 14 Kilometer bis zum Wander- und Wintersportort Cisne. Wir ahnen noch nicht, wie schön der Abend werden wird. Den Hügel hinauf erreichen wir die entzückende Hütte Bacowka Pod Honem, eine der beliebtesten Berghütten Polens, wo wir in der warmen Gaststube bei cooler 60er-Musik freundlich empfangen werden: Herzhaft gut geschmeckt haben Gemüseeintopf und Gulasch in der voll besetzten Stube, die Nacht haben wir im Stockbett verbracht.
Zurück in die Slowakei
Weiter geht es nach Ustrzyki Gorne, mitten im Beskiden Nationalpark mit seinem Laub- und Mischwald, knapp an der ukrainischen Grenze. Nach Erreichen der Kleinstadt Lesko, treten wir unsere Rückreise an: Es wird eine unserer anstrengendsten Etappen: 120 km und 1.700 Höhenmeter wieder zurück in die Slowakei nach Bardejov, wo uns ein Stadtfest in historischen Kostümen und mit Raubvogel-Flugvorführungen empfängt. Unsere Radreise durch die Slowakei bleibt weiterhin hügelig.
Ab Slovenska Ves geht es 40 km und 1.000 Höhenmeter bergauf in den Wintersport- und Kurort Štrbské Pleso, am Ufer des gleichnamigen romantischen Sees in der Hohen Tatra. Der See gilt als „Naturwunder“ der Slowakei. Beim Anblick der Fotogalerie rund um das Sportzentrum mit gewaltiger Sprungschanze fühlen wir uns in die 70er Jahre versetzt: Hier genoss einst die politische Kaste der CSSR ihren Winterurlaub (und angeblich auch, Jahrzehnte davor, Kaiser Franz-Joseph I.). Der nächste Tag bringt uns eine rasante Abfahrt in das Tal des Flusses Vah und nach Ružomberok, am Fuße der Niederen Tatra (im Südosten) und der Großen Fatra (im Südwesten). Unsere nächste Tages-Etappe radeln wir zuerst dem Fluss Vah entlang nach Martin und dann in Richtung Süden nach Prievidza, bekannt durch das klassizistische „Märchen“-Schloss Bojnice, hoch über der Stadt, das Touristen scharenweise anlockt.
Unsere Route führt uns weiter durch eine wunderschöne Wald- und Feldlandschaft mit dörflicher Struktur in die Stadt Nitra mit dem prächtigen Bischofssitz (in drei verschiedenen Jahrhunderten erbaut). Neben Bratislava ist Nitra die älteste Stadt des Landes. Die letzte Etappe unserer dreiwöchigen Radreise führt uns auf Feldwegen in die Vororte von Bratislavaund weiter durch die Stadt ins prächtige Zentrum. Nach einem kräftigen Mittagessen besteigen wir unser Tandem zu einem letzten Ritt: Auf geht‘s noch einmal, durch den „Nationalpark Donauauen“ nach Wien.